Die Butzbacher Zeitung schreibt über die Weidigschule Butzbach

Erschüttert von unvorstellbarem Leid, das Menschen angetan wurde

Weidigschüler besuchen die KZ-Gedenkstätte Buchenwald

BUTZBACH (pd). Der Besucherandrang auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald war bereits groß, als die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 und die des Geschichtsleistungskurses Kächler am Donnerstag auf dem Ettersberg nahe der thüringischen Stadt Weimar nach knapp dreistündiger Busfahrt ankamen.

Gemeinsam mit ihren Klassenlehrern Kristine Weigandt, Isabella Groth, Melina Klein, Jochen Hildebrand, Steffen Arndt und Katja Kächler war die Schülergruppe angereist, um das mit eigenen Augen zu sehen, was aus dem Geschichtsunterricht zwar durch die Sichtung von entsprechenden Dokumentationen und die Beschäftigung mit zeitgenössischem Quellenmaterial als erschütternde Tatsache bekannt war, aber vor Ort noch einmal einen besonders authentischen Nachdruck erhielt: Unvorstellbares Leid, das die Nationalsozialisten geplant und systematisch denjenigen angetan hatten, die vor über 80 Jahren ihrer Vorstellung nach nicht zur sog. „Volksgemeinschaft“ gehören sollten.

Weil die namensgebende Stadt der Weimarer Klassik durch Goethe und Schiller bereits in der 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts eine unheilvolle Nähe zu Adolf Hitler und der NSDAP entwickelt hatte, wurde in unmittelbarer Nähe 1937 das Konzentrationslager Buchenwald errichtet. Dort wurden zu Beginn Männer und auch Kinder interniert, die zur politischen Opposition gehörten, meist vermeintlich asozial oder kriminell waren, homosexuell, Zeugen Jehovas, Juden, Sinti und Roma. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kamen auch von den Nationalsozialisten aus beinahe allen europäischen Ländern nach Deutschland verschleppte Menschen in das Lager. Bis 1945 waren dorthin fast 300.000 Menschen deportiert worden, etwa 56.000 davon überlebten die ihnen angetanen Torturen nicht; darunter auch 8.000 sowjetische Kriegsgefangene, die die SS gezielt erschossen hatte. Buchenwald schickte darüber hinaus erkrankte Häftlinge und Kinder auf Vernichtungstransporte nach Auschwitz, die SS zwang Häftlinge kurz vor Kriegsende zu erbarmungslosen „Todesmärschen“, um das Lager vor dem Eintreffen alliierter Truppen zu räumen und damit auch die Beweise ihrer Verbrechen zu vernichten. Von den Amerikanern in die Hände der Roten Armee übergeben, wurde das ehemalige Konzentrationslager schließlich ein sog. „Speziallager“, in dem tatsächliche und angebliche Nationalsozialisten inhaftiert und auch getötet wurden. Nach der Auflösung dieses Lagers 1950 entstand auf dem Gelände noch zu DDR-Zeiten die größte deutsche KZ-Gedenkstätte. Sie hat nach der Wende eine bis in die Gegenwart andauernde Neukonzeption erfahren, die sich kritisch mit der wechselvollen Geschichte des Ortes auseinandersetzt.

Diese Informationen verbunden mit den eindrucksvollen Berichten von, ihre Lagerhaft überlebt habenden, Zeitzeugen erhielten die Butzbacher Gäste vor ihrer Besichtigung des riesigen Areals in einem halbstündigen Kinofilm. So auch emotional eingestimmt, beschritten sie vom Lagerbahnhof den sog. „Carachoweg“, auf dem die Häftlinge nach ihrer Ankunft von den Bluthunden der SS ins Lager gehetzt wurden, kamen an der SS-Wohnsiedlung und den Überresten des für die SS-Familien errichteten Zoos vorbei zum berühmten Torgebäude des Konzentrationslagers, das mit seiner Torinschrift „Jedem das Seine“ noch heute die zynisch-brutale Begründung der Ausgrenzung der damals Inhaftierten liefert. Es folgten der Appellplatz mit Gedenkplatte und die Umrisse der Lagerbaracken; Örtlichkeiten, die bei heftigem Wind und einer erstaunlichen Fernsicht ins umliegende Land erahnen ließen, welchen auch klimatischen Bedingungen die Häftlinge ausgesetzt gewesen sein müssen. Ehe sich die Schüler in Kleingruppen die im Kammergebäude des Konzentrationslagers befindliche Dauerausstellung ansehen konnten, die neben der grausamen Geschichte des Ortes eindrucksvoll auch die Einzelschicksale seiner Opfer dokumentiert, war das ehemalige Krematorium mit zu Menschenversuchen genutzter pathologischer Abteilung und einem Exekutionskeller der Ort, der am Nachhaltigsten verdeutlichte, was Menschen bereit sind, anderen zuzufügen.

Sich diese mahnende Erkenntnis in Zeiten eines in aller Brutalität geführten Angriffskrieges in Europa und einer wachsenden politischen Radikalisierung in zahlreichen Ländern immer wieder vor Augen zu halten, war dabei nicht nur Anliegen der für die Fahrt verantwortlichen Lehrkräfte, sondern auch die des Wetteraukreises, der sich bereits im Vorfeld der Exkursion ohne Zögern dazu bereiterklärt hatte, die Hälfte der entstehenden Fahrtkosten zu übernehmen.

Katja Kächler

Butzbacher Zeitung, 03.04.2023

BUTZBACH. Schüler der Weidigschule auf dem Weg zum Torgebäude der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.

BUTZBACH. Ausgestellte Häftlingskleidung der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.